Pflanzenschutzmittel: Bundesverwaltungsgericht zeigt Reformbedarf bei Zulassung
Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hat eine Beschwerde von zwei Umweltschutzorganisationen gegen wiederholte, befristete Notfallzulassungen von Pflanzenschutzmitteln teilweise gutgeheissen, im Kern jedoch das Vorgehen der Produzenten bestätigt. Diese Notfallzulassungen hatten der Schweizer Obstverband (SOV) und der Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) in den vergangenen Jahren beantragt, um ihre Kulturen vor Schädlingsbefall, insbesondere durch Wanzen, zu schützen. Das Urteil bestätigt das korrekte Vorgehen der Verbände und unterstreicht zugleich die Notwendigkeit, den Zulassungsprozess in der Schweiz zu beschleunigen.
Strenges Prüfverfahren in der Schweiz
Pflanzenschutzmittel durchlaufen in der Schweiz ein strenges, wissenschaftlich fundiertes Prüfverfahren. Nur Mittel, die nachweislich wirksam und umweltverträglich sind, erhalten eine ordentliche Zulassung. In akuten Schadenssituationen, in denen kein wirksames zugelassenes Mittel verfügbar ist und andere Massnahmen nicht greifen, kann die Behörde eine befristete Notfallzulassung erteilen. Genau in solchen Fällen hatten SOV und VSGP in den vergangenen Jahren entsprechende Gesuche zur Bekämpfung von Wanzen gestellt. Die Zulassungsstelle prüfte diese sorgfältig und bewilligte sie jeweils mit Auflagen.
Urteil bestätigt Vorgehen der Produzenten
Das BVGer stellte klar, dass die wiederholte Erteilung von Notfallzulassungen grundsätzlich zulässig ist. Auch der Versuch der Beschwerdeführer, die ordentliche Zulassung des Wirkstoffs Acetamiprid grundsätzlich in Frage zu stellen, wurde abgewiesen. Das Gericht verlangt jedoch, dass künftige Gesuche noch umfassender begründet werden müssen, was den administrativen Aufwand weiter erhöhen dürfte. Damit wird der Zulassungsprozess für die Produzentinnen und Produzenten noch aufwendiger und die ohnehin schon schwierige Lage zusätzlich verschärft, ohne dass daraus ein erkennbarer Mehrwert für Umwelt oder Bevölkerung entsteht.
BLW warnt vor Risiken für die Versorgungssicherheit
Anstatt die Verfahren weiter zu verkomplizieren, braucht es jetzt klare und mutige Reformen. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) weist in einem aktuellen Bericht darauf hin, dass die Versorgungssicherheit gefährdet ist, wenn den Produzentinnen und Produzenten nicht rechtzeitig geeignete Pflanzenschutzmittel zur Verfügung stehen. Der Zugang zu modernen und wirksamen Mitteln darf nicht länger zum Nadelöhr werden. Eine sichere und nachhaltige Inlandproduktion braucht verlässliche Rahmenbedingungen, schnellere Verfahren und verbindliche Fristen. Nur so können die Betriebe ihre Kulturen schützen, Erträge sichern und gleichzeitig höchste Umweltstandards erfüllen.
Politik ist gefordert
Das Urteil zeigt, dass der Zulassungsprozess für Pflanzenschutzmittel dringend reformiert werden muss. Der bestehende Zulassungsstau gefährdet die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend Schweizer Obst und Gemüse in hoher Qualität. Damit diese Versorgung auch künftig gewährleistet bleibt, müssen die Verfahren effizienter, transparenter und planbarer werden. Insbesondere gilt es, die Abhängigkeit der Produktion von Notfallzulassungen deutlich zu minimieren. Parlament und Bundesrat sind gefordert, hier endlich spürbare Fortschritte zu erzielen. Eine erste Möglichkeit dazu ergibt sich bei der Umsetzung der parlamentarischen Initiative Bregy.
Notfallzulassungen für Acetamiprid
Der SOV und VSGP haben für die Saison 2024 beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV eine Notfallzulassung von atecamiprid-haltigen Pflanzenschutzmittel gegen Wanzen in Obst und Gewächshauskulturen beantragt. Diese Mittel sind durch das BLV bereits heute in der Schweiz in Obst und Gewächshauskulturen regulär gegen andere Schädlinge zugelassen. Mit der Notfallzulassung wurde der Anwendungsbereich befristet auf Wanzen ausgeweitet. Das Urteil ist öffentlich einsehbar.
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